Nachdem die römische Glaubenskongregation Mitte März klarstellte, dass die Kirche keine Vollmacht hat, gleichgeschlechtliche Beziehungen zu segnen (ausführliche Informationen dazu z. B. in der Tagespost), forderte in Deutschland unter dem Motto #liebegewinnt ein Aktionsbündnis Pfarrgemeinden dazu auf, am 10. Mai Segensgottesdienste für alle Arten von Liebespaaren anzubieten. Auch für Gemeinden im Bistum Aachen sind solche Segensfeiern angekündigt. Soweit sich das bis jetzt in den Ankündigungen abzeichnet, sind diese Paarsegnungen in geistlicher Hinsicht voraussetzungslos, unterschiedslos und – über das Zusprechen des Segens hinaus – ziellos. Sie sollen stattfinden, weil es eben so gewollt ist, weil sie als zeitgemäß gelten und weil ein Segen etwas Gutes ist. Die Argumente der Glaubenskongregation, die sich auf die Heilige Schrift und die Lehre der Kirche beziehen, werden nicht berücksichtigt.
Was ist aber ein Gottglaube, der seine Grundlagen – die einzigen, die er hat! – nämlich die aus der Heiligen Schrift als offenbartem Gotteswort und der Überlieferung abgeleitete Lehre der Kirche, ignoriert? Ein Produkt des eigenen Gutdünkens? Und ist es möglich, dass die geforderten Segnungen, die in den Augen der Welt und offenbar auch einiger Teile der Kirche in Deutschland gut, weil anerkennend und wertschätzend erscheinen, aus der Sicht des Glaubens nicht einfach gut, da letztlich nicht heil-sam, sind? Wie liebt der Mensch eigentlich?
Der Bischof von Passau Dr. Stefan Oster hat schon Ende 2018 auf seiner Internetseite einen eigenen Aufsatz Wer kann gesegnet werden? Und was ist dazu die Lehre der Kirche veröffentlicht, in dem er sich auch diesen Fragen widmet. Der Anlass dafür war zwar die zivile „Ehe für alle“, die einige Monate zuvor vom Bundestag beschlossen worden war; aber der Aufsatz ist auch in der jetzigen Situation hochaktuell. Bischof Stefan tut das, was diejenigen, die Segnungsgottesdienste fordern, nicht tun: Er macht sich die Mühe, auf die Argumente der Segnungsbefürworter einzugehen und dagegen eine strukturierte, detailreiche und unaufgeregte Darstellung des christlichen Menschenbilds und der Überzeugungen des Glaubens zu entwerfen.
Sicher: Es ist ein langer Text. – Aber es lohnt sich, ihn zu lesen, weil Bischof Stefan in „alltagstauglicher“ Sprache die geistliche Unterscheidung angeht und über die Voraussetzungen und Ziele des Segnens von Paaren spricht. Dieser Text ist ein Gewinn für jeden, der sich eine fundierte eigene Meinung bilden und für seine Überzeugungen Zeugnis ablegen will: „Christen glauben, dass in Jesus ihr Erlöser gekommen ist, um sie von Neuem in die Liebesgemeinschaft mit Gott zurück zu führen – und sie dadurch zumindest auch beginnend in ein neues, freieres Verhältnis zu sich selbst und zum anderen Menschen zu führen. Dieses neue Verhältnis schließt Sexualität zutiefst mit ein […], weil es um die Erlösung des ganzen Menschen geht.“ (Bischof Dr. Stefan Oster SDB: Wer kann gesegnet werden? Und was ist dazu die Lehre der Kirche, Abschnitt 6).
Hier geht es zum gesamten Aufsatz.
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